• Laufzeit: 01.04.2020 – 31.03.2023
  • Schwerpunkt: Landnutzung
  • Forschungsstatus:  Abgeschlossen

Schädigende Wanzen im Obstbau

Zielsetzung

In dem länderübergreifenden Projekt wurde eine erste Regulationsstrategie gegen die Marmorierte Baumwanze, damit übertragbar auf andere Wanzen, erarbeitet und angewendet. Länderspezifisch stand dabei das Monitoring der Samurai-Schlupfwespe (Trissolcus japonicus) im Fokus. Dieser Nützling hat ein enormes Potenzial zur Regulation. So werden von den 60-80 % parasitierten Eigelegen im Ursprungsgebiet der Marmorierten Baumwanze alleine 75 % durch Trissolcus japonicus belegt. Sie ist ebenfalls gebietsfremd, vermutlich aber in Folge der Einschleppung des Schaderregers zu finden bzw. zu erwarten. In der Schweiz wurden bereits erste Funde gemeldet.

Nach Prüfung der Behörden kann eine Freisetzung in Erwägung gezogen werden. In Kombination mit anderen Verfahren (Kulturschutznetze, begleitender Einsatz chemischer Produkte, Massenfang, Fangstreifen, Förderung weiterer Gegenspieler) ist dann eine Strategie entwickelbar. Expertenwissen, Beobachtungen und Erfahrungen aus Praxis und Öffentlichkeit flossen in das Projekt ein. Zusätzlich profitieren auch Haus- und Kleingärtner als auch Siedlungsgebiete von Freisetzungen, da Wanzen bereits als Lästlinge (z.B. Balkone, Schuppen, Wohnungen) auftreten.

Das Bild zeigt das erwachsene Tier einer Schlupfwespe in Großaufnahme vor türkis-blauem Hintergrund
Imago von Trissolcus japonicus © Olaf Zimmermann, LTZ
Das Bild zeigt eine wabenartige Anordnung von Insekteneiern auf einem Blatt in Großaufnahme
Eigelege von Trissolcus japonicus © Olaf Zimmermann, LTZ

Hintergrund und Motivation

Wanzen können großen Schaden an landwirtschaftlichen Kulturen verursachen. Schädigende Vertreter dieser Gattung sind u.a. die Reiswanze (Nezara viridula), die Rotbeinige Baumwanze (Pentatoma rufipes), die heimische Graue Feldwanze (Rhaphigaster nebulosa) und die Marmorierte Baumwanze (Halymorpha halys). Bei Nezara und Halyomorpha handelt es sich um invasive Arten, die begünstigt durch klimatische Änderungen, den globalen Handel und Pflanzenimporte neue Habitate erschlossen haben.

Die Marmorierte Baumwanze stammt ursprünglich aus Ostasien. Ende des 20. Jahrhunderts wurde der Schädling in die USA eingeschleppt und 2004 in Europa erstmals nahe Zürich entdeckt. In Deutschland (Konstanz) wurde die Baumwanze 2011, in Italien (Emilia Romagna) im Jahr 2012 und in Österreich (Vorarlberg) 2015 festgestellt.

Eine anfänglich unbedeutende, in den letzten Jahren rasante Ausbreitung und bereits erhebliche Schäden (Norditalien – 350 Mio. €) fanden seitdem in den Ländern statt. Die Marmorierte Baumwanze saugt bevorzugt an Früchten von rund 200 Pflanzenarten und kann daher in der Landwirtschaft große Schäden verursachen. Nördlich der Alpen entwickelt sich in der Regel eine Generation, in warmen Jahren kann es aber auch zu einer partiellen oder voll entwickelten zweiten Generation kommen.

Zum Wirtspflanzenkreis dieser Wanzenart gehören auch Vertreter der Sonderkulturen, neben Pfirsich, Birne und Haselnuss ist der Apfel stark von dieser Wanzenart betroffen. Erste Schäden wurden 2016 in Südtirol festgestellt, mittlerweile verursacht diese Wanzenart in der Schweiz und Süddeutschland Schäden an Obst- und Gemüsekulturen. 2017 sind in der Schweiz im Gebiet um Zürich größere Schäden, und 2019 in den Kantonen Zürich und Thurgau über 20 % Verluste in Birnenanlagen, verzeichnet worden.

Alleine im Kanton Thurgau wurden die Schäden an Birnen im Jahr 2019 auf 3 Mio. Fr. geschätzt. Diese äußern sich in Fruchtdeformationen, verursacht durch Saugschäden. Eine Vermarktung befallener Früchte ist nicht mehr möglich. Erfolgreiche Regulierungsstrategien gibt es derzeit nicht. Eine chemische Bekämpfung ist aufgrund der Lebensweise (Zuwanderung der Wanzen von April bis August) und der damit verbunden, häufigen Applikation von Insektiziden auch während des Blütezeitraumes nicht möglich. Zudem sind derzeit keine wirksamen Pflanzenschutzmittel in Deutschland, Schweiz und Österreich zugelassen. Damit ist die heimische Produktion von qualitativ hochwertigem Obst und Gemüse im Bodenseeraum gefährdet.

Beitrag der Versuchsstation für Obstbau

Die Versuchsstation beteiligte sich an dem von INTERREG V geförderten Projekt in Form eines Monitorings der Wanzen und der Samurai-Schlupfwespe im Großraum Lindau. Dazu wurden Kunststoffdeckel von Wanzenfallen in den Bäumen aufgehängt und in diesen vor Regen geschützten Bereich Aggregations-Pheromone angebracht, die die Wanzen anlocken sollten. Wöchentlich wurden die Triebe der Pflanzen im Umkreis von einem Meter abgeklopft.

Die Pheromone hingen dabei in verschiedensten Kulturkonstellationen: Apfel, Birne, Zwetschgen, Kirschen und Mischungen, sowohl in ökologisch als auch in integriert bewirtschafteten Anlagen. Intensiv bewirtschaftete Flächen sowie extensive Streuobstwiesen und auch eine Kleingartenanlage wurden so überwacht. Standorte in Bodenseenähe (1,5 km, 412 NHN) waren ebenso dabei wie Standorte weiter vom See entfernt (10 km, 548 NHN). Temperatur- und Luftfeuchtelogger wurden an "Extremstandorten" installiert (z. B Südseite eines Blechstadels). Die nachfolgende Graphik zeigt die für 2020 gewählten Standorte auf.

2 unterschiedlich große rechteckige schwarze Plättchen
Pheromone © HSWT
GIS-Satellitenaufnahme mit roten und gelben runden Markierungen
Verteilung der Pheromone

Neben den Klopfproben wurden Früchte auf Schadstellen kontrolliert. Darüber hinaus wurden auch an anderen Standorten für die Marmorierte Baumwanze interessante Pflanzen auf Befall mit Halyomorpha überprüft, beispielsweise der Trompetenbaum.

Mittlerer Teil eines alten Birnenbaums in entlaubtem Zustand vor blechartiger Fassade
Birnenbaum vor einem Blechstadel © HSWT
Rechteckige Tafeln hängen in einem unbelaubten Birnbaum
Pheromon in einer biologisch bewirtschafteten Birnenanlage © HSWT
Obst-Spindelanlage in unbelaubtem Zustand in mehreren Reihen vor dem Hintergrund einer Lagerhalle
Standort mit der größten Entfernung zum See (10 km) © HSWT
Helle rechteckige Tafel hängt in einem unbelaubten Haselnussstrauch in einem lichten Waldstück
Pheromon in einer Hasel, Nähe Kleingartenanlage © HSWT

Monitoring

Um das Vorhandensein natürlicher Gegenspieler (das Augenmerk lag dabei auf Ei-Parasitoiden) überprüfen zu können, wurde zunächst eine Wanzenzucht gestartet. Dann mussten die Eigelege der Wanzen auf Parasitierung beobachtet werden. Die Eigelege wurden der Zucht entnommen und nach einer Sterilmachung in den Anlagen für wenige Tage ausgehängt.

Transparente rechteckige Kunststoffbox ist mit einem weißen feinmaschigen Gitter umschlossen und steht auf einem Tisch
vorbereitete Kiste für Wanzenzucht © HSWT
Mehrere transparente rechteckige Kunststoffboxen, mit weißem feinmaschigem Gitter umschlossen, stehen auf einem Tisch
Wanzenkisten von oben © HSWT
Weißes halbtransparentes Vlies, in deren Mitte sich ein hellgrüner ovaler Fleck befindet, wo sich einzelne Insekteneier darauf befinden
An Vlies angebrachtes Eigelege © HSWT
Junge dunkelfarbige Wanzen, zum Teil klumpenartig, auf einer transparenten Schale
Geschlüpfte Nymphen aus eigener Zucht © HSWT

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